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Susanne, 37 Jahre junge Wienerin, Geschäftsführerin von UX Design Studio Liechtenecker und ihr damaliger Mann zogen eine sanfte Trennung dem Rosenkrieg vor und bringen Erziehung mit Kinderbeziehung in Einklang. Mit ihren beiden Söhnen (4 und 6 Jahre alt) lebt Susanne derzeit in Wien. Kinderbetreuung, Job und Zeit für den neuen Partner – mit Gelassenheit und Organisation bewerkstelligt Susanne ihr Leben.

Sanfte Trennungswege

Susanne und ihr damaliger Mann waren sich einig, dass sie „sanfte“ Trennungswege einschlagen wollten, zum Wohle der Kinder sollte es keinen Rosenkrieg geben. Die Kinder waren bei der Trennung gerade erst zwei und vier Jahre alt: „Bei jedem strittigen Punkt haben wir uns zurückgenommen – wir haben zwei Kinder und müssen uns noch in die Augen schauen, miteinander zurechtkommen können. Die Kinder werden uns immer verbinden.“ Ganz nach dem Motto: „Ego raus, Kinder vor!“ Alles Organisatorische wird immer gut abgeklärt und die Eltern bemühen sich, die Elternschaft gewissenhaft weiterzuführen. Zwischen dem getrennten Paar solle nichts stehen, dass sich negativ auf die Kinderbeziehung auswirken könnte. Die Trennung war auf emotionaler Ebene nicht schön, aber: „Die Zeit heilt alle Wunden und Enttäuschungen!“

Bei jedem strittigen Punkt haben wir uns zurückgenommen – wir haben zwei Kinder und müssen uns noch in die Augen schauen, miteinander zurechtkommen können. Die Kinder werden uns immer verbinden.

– Susanne –

Nach der Scheidung

Susanne und ihrem Exmann war es wichtig, dass die gemeinsame Kinderbetreuung sichergestellt war. Unter der Woche leben die Kinder bei Susanne in Wien, jedes zweite Wochenende besuchen sie ihren Vater, der jetzt in Salzburg wohnt. Die Entfernung erfordert viel Organisation. Das beginnt schon beim Packen: Welche Aktivitäten sind geplant? Welche Sportbehelfe werden benötigt? Aber dadurch, dass die Wochenenden im Vorfeld gut durchbesprochen werden, funktioniert es eigentlich gut. Natürlich müssen ab und zu auch Kompromisse eingegangen werden und so kann es dann schon vorkommen, dass gewisse Gegenstände doppelt gekauft werden müssen.

Scheidungskinder brauchen Ehrlichkeit

Susanne war es wichtig, nach der Scheidung nichts schön zu reden. Ehrlichkeit gegenüber den Kindern war gefragt. „Man muss die Gefühle der Kinder ernst nehmen, ihnen gut zuhören und im Gespräch bleiben.“ Da die Mutter untertags immer die Hauptbezugsperson der Kinder war, hat der kleinere Sohn mit seinen damaligen zwei Jahren die Trennungssituation nicht wirklich erfasst. Natürlich wurde abends nach dem Vater gefragt, aber dadurch, dass der Kontakt zu ihm durch die Wochenendbesuche aufrechterhalten blieb, war es für den Kleinen keine allzu große Umstellung. Für den „Größeren“ sah die Sache schon anders aus. Mit seinen vier Jahren tauchten vermehrt mehr „Warum“-Fragen auf, er wollte, dass die Eltern zusammenblieben. Susanne entschied sich für den ehrlichen Weg und führte viele Gespräche mit ihm und ließ seine Gefühle zu. „Es ist o.k., dass du traurig bist“.

Zwischen Kinderbetreuung, Arbeit, neuer Partnerschaft

Kinderbetreuung, Arbeit, Zeit für eine neue Partnerschaft – für Susanne nur durch Organisation und Inanspruchnahme von externer Kinderbetreuung durchziehbar. Susanne liebt ihre Kinder, aber auch ihren Job, daher versucht sie, alles bestmöglich unter einen Hut zu bekommen: Babysitterin, Kindergarten, Großeltern – für ausreichende Kinderbetreuung war gesorgt. Um genügend Zeit mit ihren Jungs verbringen zu können, holt sie die beiden einmal in der Woche schon früher vom Kindergarten ab. An den übrigen Nachmittagen ist für die Betreuung alles gut organisiert. Einen Nachmittag übernehmen die Großeltern, die restlichen Nachmittage bleiben sie bis 16:00 Uhr im Kindergarten.

Auswirkung auf die Betreuung

Und dann kam Corona – das wirkte sich auch auf die Betreuung aus. Als die Großeltern noch nicht geimpft waren, fiel dieser Betreuungspart weg. Die Zeit war anstrengend, aber Susanne hat es geschafft, die Großeltern sind nun geimpft und nun wieder greifbar. Nur Babysitterin möchte sie keine mehr engagieren: „Babysitter sind jung und wechseln sehr oft, das ist auf Dauer anstrengend.“

Mutter werden – Frau bleiben

Susanne weiß, Mutter zu sein ist ein wunderbares Geschenk, aber es ist auch wichtig, sich selbst als „Frau“ nicht zu vergessen. So versucht sie, das Wohl der Kinder immer in den Vordergrund zu stellen, und auch auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. Dadurch, dass die Söhne jedes zweite Wochenende bei ihrem Vater verbringen, hat Susanne für mehr Zeit für sich. Diese besondere Großelternzeit handhabte die Familie auch schon vor der Scheidung. Sie weiß, dass die Kinder bei den Großeltern beziehungsweise beim Vater gut aufgehoben sind und sie sich keine Sorgen machen muss. Susanne findet es sehr wichtig, dass sich Mütter auch die Zeit für ihre persönlichen Bedürfnisse nehmen.

Erziehung funktioniert nur mit Beziehung

Susanne ist sich sicher, dass man sich nicht zu viele Gedanken über die Erziehung machen sollte. Beim ersten Kind informierte sie sich sehr viel, das „Attachment“ funktionierte. „Man hat nur ein Kind, um das man sich kümmern muss, bedürfnisorientierte Erziehung funktioniert da super. Beim zweiten Kind kommt dann irgendwann die Überforderung, man hat nicht mehr nur ein Kinderbedürfnis zu stillen, sondern auf ein zweites einzugehen. Dann ist da noch das eigene Bedürfnis und das des (Ex)Partners und irgendwann hat dann nichts mehr funktioniert und man ist orientierungslos.“ Susanne findet aber, dass Kinder das Recht haben, dass deren Bedürfnisse wahrgenommen werden. Kinder sollen lernen, selbstständig zu denken und handeln. „Jedes Alter hat seine neuen Herausforderungen, wichtig ist es, im Jetzt zu leben und sich als Eltern darauf einzustellen!“

Wenn du eine gute Beziehung mit deinen Kindern hast, dann kannst du sie auch erziehen. Ohne Beziehung klappt auch die Erziehung nicht!

– Susanne –

Unterschiedliche Bezugspersonen

Susanne hat an ihren eigenen Kindern beobachtet, dass sie sehr schnell und früh wissen, was bei unterschiedlichen Bezugspersonen möglich ist und was nicht. „Bei mir gibt es immer viele Diskussionen, bei Personen, die viel klarer handeln nach dem Motto: „Das geht, das geht nicht.“ – ist das nicht so.“ Susanne ist sich bewusst, dass man die eigenen Bedürfnisse nicht hintanstellen sollte. „Es ist auch o.k., sich durchzusetzen. Ein Nein ist nun mal ein Nein, man muss nicht immer alles erklären!“. In der Realität für Susanne nicht immer leicht durchführbar: „Für mich ist es noch eine lange learning journey!“.

„Wenn du eine gute Beziehung mit deinen Kindern hast, dann kannst du sie auch erziehen. Ohne Beziehung klappt auch die Erziehung nicht!“ Daran arbeitet Susanne fortwährend.

Trennung

Interview mit Susanne, im April 2021.

Anmerkung der Redaktion: Sindy hatte eine ähnliche Story zu diesem Thema, hier mehr dazu lesen.