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Verena lebt mit ihrem Partner und ihrer 2½-jährigen Tochter Lijana in Wien. Sie arbeitet als Psychologin und Pädagogin und ist nebenbei bei einer Familienberatungsstelle tätig. Lijana bedeutet im weiteren Sinn „die Verbindende“, sie war für ihre Eltern eine Überraschung und ein Geschenk zugleich. Doch die Kindergarten Eingewöhnung gestaltete sich in vielerlei Hinsicht anders als gedacht.

Die Anfänge

Lijana wurde im August 2019 im Geburtshaus in Hietzing, mit bester Unterstützung einer Wahlhebamme, geboren. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch niemand etwas von Corona gehört. Niki, Verenas Partner, war gerade dabei, sich selbstständig zu machen. Verena war die ersten 17 Monate in Karenz, der Papa aber seit der Geburt auch stark in den Betreuungsalltag involviert. Dann war es an der Zeit, für Lijana einen geeigneten Kindergartenplatz zu suchen.

Kindergarten Eingewöhnung
Ab in den Kindergarten

Lijana wurde zuerst in einem städtischen Kindergarten angemeldet, dort hat sie jedoch keinen Platz bekommen. Als die Pandemie 2020 ihren Anfang nahm und Verena noch in Karenz war, war sie der Überzeugung, dass sie ihr Kind in Zeiten einer Pandemie nicht in den Kindergarten geben kann oder will. Im Sommer entspannte sich die Lage und Verenas Karenzzeit neigte sich ins letzte Drittel. Erfreulicherweise konnte Verena für Lijana einen Kindergartenplatz bei einem privaten Kindergartenträger bekommen. Geplant war, dass Lijana Anfang November 2020 mit Verena die Kindergarten Eingewöhnung beginnt und diese beendet ist, sobald sie im Januar 2021 wieder zu arbeiten beginnen würde.

Doch dann kam alles anders

Bedauerlicherweise war die Pandemie im Herbst 2020 alles andere als vorbei und die Impfung noch nicht erhältlich. Aus beruflichen Gründen waren sie dann doch auf den Kindergartenplatz angewiesen. Eine tägliche Betreuung durch die Großeltern war für die Familie nicht möglich und angesichts der Pandemie auch keine Wahl. Dann kam die Hiobsbotschaft. Eine Kindergarten Eingewöhnung im Beisein der Eltern wäre in dem Kindergarten nicht möglich. Das Kind sollte am ersten Tag am Eingang des Kindergartens in die Betreuung einer unbekannten Pädagogin übergeben werden. Und die Eltern draußen bleiben. Das war für alle eine unschöne Überraschung. Die Eingewöhnung zu überspringen und Lijana einfach abzugeben, war keine Option. Insgesamt betrachtet, hätte die Familie von einer etablierten pädagogischen Einrichtung nicht erwartet, dass sie Maßnahmen unreflektiert umsetzt und zu Lasten der Eingewöhnungskinder austrägt.

Lange Rede kurzer Sinn: Lijana wurde von besagtem Kindergarten abgemeldet, sehr kurzfristig und dem Bauchgefühl von Verena folgend. Glücklicherweise konnte der bestehende Vertrag ohne Probleme gekündigt werden.

Die Kindergarten Eingewöhnung ohne Beisein einer Bezugsperson stellt auch für PädagogInnen eine immense Herausforderung dar.

Ich bin überzeugt, dass dem Beruf der PädagogInnen auch angemessene Arbeitsbedingungen und Entlohnung entgegenzubringen sind, statt von ihnen immer das fast Unmögliche zu verlangen.

– Verena –

Kindergarten Eingewöhnung
Neuer Kindergarten gesucht

Danach folgten Tage und Wochen des Herumtelefonierens. Ein alternativer Kindergartenplatz, bei dem die Eingewöhnung im Beisein eines Elternteils möglich ist, musste so schnell wie möglich gefunden werden. Und siehe da, die Familie hatte Glück. Ein privater Kindergartenträger ermöglichte es, dass Lijana im Dezember 2020 mit Verena gemeinsam die Eingewöhnung starten konnte.

Alles verlief recht entspannt. Lijana gelang es recht rasch, im Kindergarten für eine begrenzte Zeit alleine zu bleiben und nach der zweiten Anlaufphase auch im Kindergarten mittags zu schlafen. Mittlerweile hat sie viele Freundschaften geknüpft und auch ihre Betreuerinnen ins Herz geschlossen.

Es war die richtige Entscheidung

Für die Familie war es zu 100% die richtige Entscheidung, den Kindergarten zu wechseln. Ein „Abgeben an der Tür“ ohne gemeinsame Kindergarteneingewöhnung kann für Kinder eine große Stresssituation darstellen. Es fällt ihnen schwer, sich von ihren Eltern zu lösen. Ebenso wenig angenehm ist diese Situation für betroffene Eltern, die ein weinendes oder gar schreiendes Kind abgeben müssen, um dann bei klarem Verstand einem Beruf nachzugehen.

Eltern haben zumindest, im Gegensatz zu Kleinkindern, ausreichend kognitive Fähigkeiten, um zu verstehen, dass äußere Bedingungen zu dieser Situation führen. Kleinkinder erfahren diese Situation vordergründig emotional und können noch nicht genau verstehen, warum sie nun ohne die Eltern im Kindergarten bleiben müssen. Auch für Pädagoginnen stellt diese Situation im Kindergartenalltag eine immense Herausforderung dar. Verena ist der Meinung, dass gewisse Regeln und Maßnahmen im Betreuungssystem zu überdenken sind. Sie ist auch überzeugt, dass dem Beruf der PädagogInnen auch angemessene Arbeitsbedingungen und Entlohnung entgegenzubringen sind, statt von ihnen das fast Unmögliche zu verlangen.

Für Lijana, die vor der Pandemie-Zeit geboren wurde, jedoch bald darauf die Pandemie mit all ihren Maßnahmen kennengelernt hat, ist das „Masketragen“ zur Normalität geworden.

– Verena –

Aufwachsen in der Pandemiezeit

Für Lijana, die vor der Pandemie-Zeit geboren wurde, jedoch bald darauf die Pandemie mit all ihren Maßnahmen kennengelernt hat, ist das „Masketragen“ zur Normalität geworden. Bei ihnen zuhause hängen Masken an der Garderobe. Wenn Verena sie einmal vergessen sollte einzupacken, ist Lijana da und erinnert sie ganz selbstverständlich daran. Für Lijana ist die Maske zu einem normalen Alltagsgegenstand geworden. Was zweifelsfrei weniger wurde, waren Treffen mit anderen Mamas mit gleichaltrigen Babies, Freizeitangebote oder Spielgruppen, etc. Dies empfindet die Familie als sehr schade, da Verena der Überzeugung ist, dass beispielsweise Spielgruppen einen Raum für wertvollen Erfahrungsaustausch für Eltern und Babys geben. Auch digitale Medien und Videotelefonie wurden verstärkt in den Alltag integriert, um, insbesondere am Anfang der Pandemie, den Kontakt mit Familienmitgliedern und Freunden zu halten.

War Verena zuvor noch bemüht und überzeugt davon, ihr Kind von PC und Handy gut fernzuhalten, wurden diese Geräte zum Begleiter in der Pandemie. Lijana war bei Videotelefonie und online Angeboten dabei, wenn auch zeitlich begrenzt und in Anwesenheit der Eltern. Manchmal ist sie während eines Online Gruppenangebots, von Verena gehalten, sogar eingeschlafen. Sehr zur Überraschung der Mama. Im Nachhinein betrachtet war der Online-Austausch für Verena in der Zeit einfach notwendig und auf jeden Fall besser als die komplette soziale Isolation.

Ein Recht auf einen normalen Kindergarten Alltag

Verena ist der Ansicht, dass jedes Kind das Recht haben sollte, eine neue Situation, wie den Kindergarten Alltag, zuerst in Sicherheit und Vertrauen, durch die Begleitung von Mama oder Papa (oder einer anderen nahen Bezugsperson), kennenlernen zu dürfen. Dies beugt Trennungsängsten vor und hilft dem Kind, sich in der neuen Umgebung gut zurecht zu finden. Für begleitende Eltern sollte es, ihrer Ansicht nach, keine Schwierigkeit sein, die im Kindergarten geltenden Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Damit eine normale Kindergarten Eingewöhnung auch während herausfordernder Zeiten möglich ist.