N., 21 Jahre jung, arbeitet als Kindergartenpädagogin. Mit einer zweiten Betreuerin begleitet sie derzeit 14 Kinder durch den Kindergartenalltag. In dem Interview gibt uns N. einen Einblick in ihre tägliche Arbeit. Uns wird einmal mehr bewusst, dass der Tätigkeitsbereich einer Kindergartenpädagogin vielmehr umfasst, als nur den ganzen Tag Kinder zu betreuen und mit ihnen zu spielen. N. sieht sich selbst oft „nur“ als Botschafterin bei Konflikten zwischen Kindern. Es ist ihr lieber, wenn Eltern in der Früh nicht vor der Kindergartentür verweilen. Das sind nur zwei von vielen weiteren interessanten Themen des Interviews.
Verklärtes Berufsbild
Das Berufsbild von Kindergartenpädagogen/innen ist oft verklärt. Vielen Menschen ist es nicht bewusst, dass dieser Job nicht nur das Spielen mit den Kindern beinhaltet. N. ist sich sicher, dass, wenn man die die Theorie der Kindergartenpädagogik versteht und sich damit intensiv beschäftigt, es einem erst bewusst wird, was diese Arbeit bedeutet. „Auf ein Kind aufzupassen ist recht einfach, aber mit 20 Kindern rund um dich, ist das doch eine recht harte Nummer.“ Bei dieser Gruppengröße geht es dann nicht mehr um den Spielfaktor, sondern um das Beobachten der Entwicklung der Kinder. Als Kindergartenpädagogin unterstützt N. die Kinder in deren Entwicklungsphasen und motiviert diese in ihren körperlichen, geistigen und sozialen Erfahrungen. Die Haupterziehung liegt jedoch immer noch bei den Eltern. Mit Aussagen von Eltern wie: „Das lernen die Kinder doch im Kindergarten“, sieht sich N. leider fast jede Woche konfrontiert.
Zusammenarbeit mit Eltern – Grundlage für einen erfolgreichen Kindergartenalltag
ist es am liebsten, wenn die Eltern, nachdem sie die Kinder in der Früh in den Kindergarten gebracht haben, einfach wieder gehen. Nur so können sich die Kleinen voll und ganz auf den Kindergartentag konzentrieren. Dass einige Eltern ewig lange vor der Tür stehen bleiben um zu gucken, wie es den Kindern ergeht, macht es diesen nicht leichter, sich auf den Tag einzulassen. Bei Kritik von Seiten der Eltern sucht N. das Gespräch. Die Zusammenarbeit und der gegenseitige Austausch sind der Kindergartenpädagogin wichtig. Nur so ist ein reibungsloser Kindergartenalltag garantiert.
N. ist es am liebsten, wenn die Eltern, nachdem sie die Kinder in der Früh in den Kindergarten gebracht haben, einfach wieder gehen.
– N. –
Thematisierung unterschiedlicher Elternkonstellationen
Alleinerziehende, homosexuelle Eltern. N. findet, dass die Thematisierung zu den verschiedensten Elternkonstellationen zu kurz kommt. Es gibt im Kindergarten viele Kinder mit alleinerziehenden Eltern. Am Vatertag sind N. und ihr Team auf dieses Problem gestoßen. Viele Kinder haben keinen Vater oder keinen Kontakt zu diesem, am Programm stand jedoch das Basteln einer Vatertagskarte. Was also tun mit den Kindern, die ohne Vater aufwachsen? In der Teambesprechung wurde vereinbart, dass im nächsten Jahr ein Familientag gefeiert werden soll, an dem die Kinder für die Familie allgemein, egal wie diese aussieht, eine Karte gestalten. Zum Thema Homosexualität verfügt der Kindergarten über viele Bilder- und Sachbücher. Wenn Klärungsbedarf zu diesem oder einem anderen speziellen Thema besteht, werden dazu passende Bücher aufgestellt und mit den Kindern besprochen.
Es gibt im Kindergarten viele Kinder mit alleinerziehenden Eltern. Am Vatertag sind N. und ihr Team auf dieses Problem gestoßen. Viele Kinder haben keinen Vater, am Programm stand jedoch das Basteln einer Vatertagskarte. Was also tun mit den Kindern, die ohne Vater aufwachsen?
– N. –
Und wie sieht es mit dem eigenen Kinderwunsch aus?
Auch wenn N. täglich von vielen Kindern umgeben ist, wünscht sich selbst eigene Kinder. Sie würde die Betreuung von Kindergartenkindern und die des eigenen Kindes völlig getrennt voneinander betrachten. Dass sie entwicklungs- und alltagstechnisch einmal sehr viel Erfahrung für ihr eigenes Kind mitbringen wird, liegt auf der Hand. Eine Helikopter Mama wird sie nicht werden, dass sieht N. im Alltag zu oft und möchte daher genau das selbst vermeiden.
Niedriger Betreuungsschlüssel, Personalmangel
N. weiß, dass in diesem Berufsstand Personalmangel herrscht. „Das wirkt sich dann auf jeden einzelnen von uns aus, da schnell einmal jeder genommen wird und dabei wenig auf Qualität des Personals gesetzt wird!“ N.’s Gruppe ist mit 14 Kindern nicht vollbesetzt, 20 wären es bei Vollbesetzung. Ein Zivildiener wird jährlich zur Unterstützung eingestellt. N.’s Meinung nach könnte der Betreuungsschlüssel höher sein. Bei Vollbesetzung wären zwei Pädagogen zu wenig, mindestens drei Betreuerinnen wären für diese Gruppengröße angebracht. Jede helfende Hand würde den Alltag erleichtern und die Kinder könnten individuell besser gefördert werden. Auch für die Dokumentation der Entwicklungsschritte der Kinder fehlt oft die Zeit. So müssen besondere Ereignisse, wenn die Kinder zum Beispiel ihre ersten Worte sprechen oder einen Papierflieger basteln, außerhalb der Dienstzeit festgehalten werden. Die Festhaltung dieser Schritte erfolgt plakativ, digital oder durch eine Monatszeitschrift. So können auch die Eltern visuell an den besonderen Ereignissen ihrer Kinder teilhaben.
Vom richtigen Umgang mit stressigen Situationen
Stressige Situationen kommen immer wieder mal vor, auch N. musste erst lernen, damit umzugehen. 20 Kinder patzen sich gleichzeitig an, alle müssen umgezogen werden, Sachen gehen kaputt, Kinder streiten, weinen, weil ihnen etwas weggenommen wird. Die Bewältigung solcher Alltagssituationen benötigt viel Zeit, die den Kindergartenpädagoginnen oft nicht zur Verfügung steht. „Es gibt Tage, da stößt man an seine Grenzen. Aber man lernt, auf Erfahrungen zurückzugreifen. Zudem gibt es Teambesprechungen, diese ermöglichen den Austausch untereinander.“ Die Durcharbeitung von Konfliktsituationen findet N. jedoch sehr wichtig und sollte mit den Kindern auch immer gleich stattfinden. N. findet zudem, dass Kinder ihre Konflikte in der Gruppe selbst lösen sollten. Sie sieht sich dabei nur als Botschafterin. Wenn es die Kinder nicht schaffen, das Problem selbst zu lösen, hilft N. ihnen ein bisschen. Sie versucht, sie auf den richtigen Weg zu bringen. Sie äußert Vorschläge, die Entscheidung liegt letztendlich bei den Kindern.
N.‘s schönstes Erlebnis
N.‘s schönstes Erlebnis? Als eines der Kinder sie zum ersten Mal mit ihrem Namen ansprach. Anfangs konnte das Kind den Anfangsbuchstaben ihres Namens nicht aussprechen. Als das Kind an einem Puzzle arbeitete, das ihm altersmäßig zu schwer war und Hilfe benötigte, sprach es N.‘s einfach mit „Mama“ an. N. reagierte absichtlich nicht darauf. Plötzlich schaffte es das Kind jedoch, N.‘s Namen vollständig auszusprechen. Ein schönes Ereignis, dass N. wohl immer in Erinnerung bleiben wird!
Interview mit N., Juli 2021.
Anmerkung der Redaktion: Veronika hatte eine ähnliche Story zu diesem Thema, hier mehr dazu lesen.
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