Helmut „Holzi“, Conny und ihre beiden Söhne Moritz und Matthias
Warum der „Mutter-Kind-Pass“ unbenannt werden sollte, die Einteilung der täglichen Kinderbetreuungszeit sehr viel mit klassischem Zeitmanagement zu tun hat und es besser ist, wenn die Frau die Babytasche für unterwegs packt …
Ausgeglichene Arbeitsaufteilung
Helmut „Holzi“, 50 Lenze jung, seit 2006 mit der Event-, Werbe-, PR-Agentur „Fun and Suxess Communications“ selbstständiger Unternehmer und Conny, Angestellte (Head Of HR), in einem international tätigen Konzern. Als der gemeinsame Sohn Moritz im März 2017 das Licht der Welt erblickte, war für beide sonnenklar, dass sie sich gemeinsam – idealerweise zu gleichen Teilen – um die Kinderbetreuung kümmern würden. OK, für Holzi war das erst nach „etwas sanftem“ Druck von Conny ganz eindeutig klar, aber schlussendlich zählt nur das Ergebnis. In der Folge reduzierten beide ihr Arbeitspensum auf ungefähr 30 Wochenstunden. Bei der Kinderbetreuung bekamen sie einen Tag Unterstützung von den Großeltern und engagierten für einen weiteren Tag pro Woche eine Babysitterin. Das funktionierte bestens. Warum also beim zweiten Kind (Matthias, geboren im April 2020) nicht genauso handhaben? Zumindest hatten Conny und Holzi sich das so vorgestellt. Dass die Realität mit zwei Kindern einen dann aber ganz schnell wieder einholen kann, berichtete uns der Kindesvater in einem unterhaltsamen Interview.
2017 – eine neue Realität wird Realität
Der Tag der Geburt von Moritz wird Holzi wohl immer im Gedächtnis bleiben. Auf die Frage, was er fühlte, als er seinen Sohn zum ersten Mal in Händen hielt, fielen Ausdrücke wie Demut, Ehrfurcht, unendliche Liebe und Dankbarkeit. „Da versteht man, warum man über Kinder sagt, du bist mein kleines Wunder. Es war einfach unglaublich“, so Holzi. Nachdem die anfängliche Flut von Gefühlen und tief empfundenen Emotionen langsam verebbte, holte die Realität die beiden frisch gebackenen Eltern ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen. Sie mussten sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen Was bedeutet die neue Situation mit Baby für die Arbeit, Wohnsituation? Was bedeutet es finanziell? All das hatte das Ehepaar während der Schwangerschaft nicht so sehr im Fokus gehabt. Aber: Gar kein Thema, die Eltern entwickelten einen wohl durchdachten Zeitplan, die Arbeitszeiten wurden aufgeteilt und die jeweiligen Kinderbetreuungstage gemeinsam festgelegt.
Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr
Als die Väterkarenzzeit begann, „war die erste große Herausforderung, dass Moritz lernen musste, Nahrung (sprich: Milchtrinkfläschchen) so zu akzeptieren, dass selbige auch dann drinnen blieb, wenn sie vom Vater verabreicht wurde“, erinnert sich Holzi lachend an seine Karenz zurück. Auch die Schlafsituation verändert sich in dieser Zeit. Denn nach manchen Nächten mit vier bis fünf „Unterbrechungen“ entdeckte auch der Vater, dass ein gemeinsames Mittagsschläfchen hin und wieder echt Gold wert sein kann.
„Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr.“
– Helmut “Holzi” –
Zweites Kind: Zeitmanagement, ganz neu gedacht
Im April 2020 kam Matthias auf die Welt. Die Aufteilung der Karenzzeit unterschied sich zur ersten dahingehend, dass der Vater direkt im Anschluss an den Mutterschutz die Kinderbetreuung übernahm. Das Alter des Kindes fand Holzi sogar richtig „praktisch“. Ein drei Monate altes Baby hat eigentlich recht überschaubare Bedürfnisse: genug Schlaf, Essen (Trinken) und eine trockene Windel. Das war beinahe schon richtig entspannt und für den Vater, nicht zuletzt aufgrund der bereits mit Moritz gesammelten Erfahrungen, erheblich einfacher als beim ersten Kind. Beim Zweiten fühlte sich alles viel vertrauter an und „man hat halt schon einen ganz anderen Zugang“ (Stichwort: Babies sind gar nicht so zerbrechlich wie ursprünglich gedacht).
Schwieriger gestaltete sich allerdings, speziell ganz am Anfang, das Zeitmanagement. Lief beim ersten Kind die zeitliche Abstimmung nach Festlegung im Großen und Ganzen recht schnell ziemlich glatt ab, stand die Familie nun vor einer großen Herausforderung. Durch die Abholung des älteren Kindes vom Kindergarten beschränkte sich die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 20 Arbeitsstunden. „In 20 Stunden all das unterzubringen, was man früher in 40 geschafft hat, das ist wohl die allergrößte Hürde dabei, den beruflichen Alltag und die Kinderbetreuung, so gut es geht, unter einen Hut bringen zu wollen“. Aus dieser Sicht kam sogar Corona nicht ungelegen, denn dadurch war es unausweichlich, Projekte zu reduzieren. Andernfalls wäre das bedeutend schwieriger bzw. unmöglich geworden.
Kinderbetreuung bedeutet, eine coole Zeit mit der Familie zu verbringen
Auf die Frage, wie sein Umfeld mit der Entscheidung, in Väterkarenz zu gehen umging, meinte Holzi, dass es im privaten Kreis alle super fanden. Dass er in den nächsten drei bis fünf Jahren mit seiner Selbstständigkeit dadurch weniger verdienen würde, war Holzi egal. Mit seiner aktiven Beteiligung bei der Kinderbetreuung würde er „einen Grundstein für sein lebenslanges Verhältnis zu seinen beiden Söhnen“ legen. Sein Bedürfnis ist es, die Jungs aufwachsen zu sehen und eine coole Zeit mit der Familie zu verbringen. Dennoch gab es auch immer Dinge, wo es bei eindeutig besser war, wenn es die Mama machte. Als Beispiel führte Holzi das Packen der Babytasche an, „sonst geh´ ich nur mit der Hälfte aus dem Haus“, aber da kommt es natürlich immer auch auf die Persönlichkeit des jeweiligen Vaters an.
Wie aus einem „Mutter-Kind-Pass“ der „Vater-Mutter-Kind-Pass“ wurde
Zum Thema Mutter-Kind-Pass hatte der Vater seine eigene Vorstellung: „Das Ding heißt ja schon so, dass es Väter nichts angeht. Eigentlich sollte es Eltern-Kind-Pass heißen“. Also malte Holzi kurzerhand „Vater-“ vor den Aufdruck und postete das Bild auf Facebook. Sein Posting erntete – für ihn völlig unerwartet – allerdings nicht nur Zustimmung. Bemerkenswerterweise reagierten nur Frauen darauf, wobei etwa 20% die Idee interessant fanden, aber 80% sich darüber mokierten, dass das eben ein Pass für Mutter und Kind sei, weil ja auch schwangerschaftsbegleitende Untersuchungen der Mutter darin wären, dass die Väter ihre Rolle, wenn auch gut gemeint, lieber woanders übernehmen mögen. „Das war aus Sicht der Kommunikation spannend,“ meinte Holzi dazu resümierend, „könne man doch allein durch die Umbenennung schon ein gesellschaftliches Signal, quasi eine offizielle Aufforderung, an alle Väter setzen.“
Vater Mutter Kind Pass
„Das Ding heißt ja schon so, dass es Väter nichts angeht. Eigentlich sollte es Eltern-Kind-Pass heißen.“
– Helmut “Holzi” –
Gutes Einkommen versus wertvolle Zeit mit der Familie
Wenn man wirklich beide Elternteile dazu bringen wolle, die Kinderbetreuung zu gleichen Teilen zu übernehmen, sollte beim Kinderbetreuungsgeld das Haushalts-Nettoeinkommen, also das Nettoeinkommen beider Elternteile, als Bemessungsgrundlage dienen. Bei der derzeitigen Berechnungsmethode sei es logisch, dass der besser verdienende Elternteil eher dazu tendiert, Vollzeit berufstätig zu bleiben, damit der Familie nicht ein wesentlicher Teil der Einnahmen verloren geht. Wenn jeder Elternteil gleich viel Kinderbetreuungsgeld erhielte, wenn er/sie in Karenz geht, könne das tatsächlich dazu führen, dass die Aufgaben der Kinderbetreuung auch in der Realität vermehrt zu gleichen Teilen übernommen werden. Und wer weiß, vielleicht dann auch von noch mehr Vätern?
Interview mit Helmut „Holzi“ im März 2021.