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Freundschaft statt Scheidungskrieg – Die Kinder im Fokus

Denise ist ein Tausendsassa. Die Mama von zwei Kinder hat 10 Jahre lang in New York in der Fashion und Musik Industrie gearbeitet und sich dort eine Karriere aufgebaut, ihr Politikwissenschaftsstudium neben dem Mamasein in Rekordzeit abgeschlossen und ist jetzt in Wien freiberuflich an den unterschiedlichsten Projekten beteiligt. Ihr Herz schlägt für ihre Familie, Mode, Fotografie und humanitäre Arbeit.

Meine Karriere

Ich habe Zeit meines Lebens humanitär gearbeitet. Mir war es immer ein großes Anliegen, Menschen zu helfen und Sachen auf die Beine zu stellen. Ich habe Mode auf der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert und mit Diplom abgeschlossen, danach führte mich mein Weg über LA nach New York, die Stadt meines Herzens. Eigentlich war der Plan, dass ich nur für 1-2 Jahre dortbleibe, Erfahrungen sammle und dann zurück nach Wien ziehe. Daraus wurden schlussendlich 10 Jahre, ich habe mich in die Stadt und das Arbeiten dort verliebt. Ich habe für die unterschiedlichsten Modehäuser wie Ralph Lauren, Calvin Klein, Donna Karan, Michael Kors und Victoria Secret gearbeitet, und später als Stylistin in der Musik- und Werbeindustrie Musikvideos ausgestattet und für viele namhafte Künstler gearbeitet.

Kinder
9/11

Doch dann kam der Bruch. Am 11. September 2001 fanden die Terroranschläge in New York statt, ab dem Tag herrschte vollkommender Ausnahmezustand, auch in meiner Branche. Ich wollte eigentlich gleich zurück nach Wien, konnte jedoch erst ein halbes Jahr später ausreisen, da ich in dem Zeitraum für die amerikanische Staatsbürgerschaft angesucht habe. Im März 2002 konnte ich dann endlich zurück nachhause reisen, es war eine große Erleichterung, da die Kriegsstimmung und das Wohnen in NY war zur großen Herausforderung geworden waren. Im friedlichen Wien hatte ich das Gefühl, mich etwas ausruhen zu können von den Turbulenzen des Erlebten.

Zurück in Wien

Zurück in Wien habe ich mich dann sogleich für Politikwissenschaften auf der Universität Wien inskribiert. Ich war immer schon politisch interessiert und und schon in jungen Jahren aktivistisch tätig, und wollte von Grund aus verstehen, was da in Amerika passiert war. Bei meinem Studium habe ich mich auf den mittleren/nahen Osten und die amerikanische Außenpolitik spezialisiert. Das Studium habe ich in zwei statt den vorhergesehenen 4 Jahren abgeschlossen, nebenbei war ich als Werbe-Produzentin für große Kunden tätig, gemeinsam mit einem Partner und ehemaligem Studienkollegen aus meiner Zeit auf der Angewandten.

Nach meinem Abschluss wollte ich eigentlich sofort wieder zurück nach New York. Die Staatsbürgerschaft hatte ich zu dem Zeitpunkt bereits erlangt. Nur wusste ich beim Ansuchen der amerikanischen Staatsbürgerschaft noch nicht, dass ich dadurch meine österreichische Staatsbürgerschaft verlieren würde. In Österreich musste somit um Beibehaltung der Staatsbürgerschaft ansuchen. Aufgrund meiner beruflichen Leistungen der letzten Jahre wurde mir dann die österreichische Ehrenstaatsbürgerschaft übertragen. So hat sich alles gut gefügt, ich habe jetzt beide Staatsbürgerschaften und kann kommen und gehen, wann ich will.

Dann war ich schwanger

2004 flog ich zurück nach New York und wollte dort wieder in der Modebranche arbeiten. Ein kurzer Urlaub in Wien durchkreuzte aber meine Pläne: Ich wurde schwanger. Ich habe mir immer Kinder gewünscht, die Uhr hat auch bei mir getickt und so habe ich meine Pläne über den Haufen geworfen und bin in Wien geblieben. Jetzt hatte die Familiengründung absolute Priorität.

Mir war klar, so nach 1-2 Jahren möchte ich wieder nach New York zurück, mein Kind wird in Amerika aufwachsen. Doch wie das Leben so spielt, musste ich diese Pläne verwerfen, mein Ex-Mann und ich haben geheiratet und 4 Jahre später kam mein Sohn Avin zur Welt. Danach kam der Hausbau, die Kinder gingen in Wien in die Schule und wir hatten uns hier unser Leben aufgebaut.

Denise

Kinder
The american way

Ich hatte immer den Drang, wieder zu reisen, zu fotografieren, etwas zu Tun und mich einzubringen. Auch in Österreich wollte ich Freiwilligen-Arbeit leisten, doch der Bürokratie Dschungel hat mich stets demotiviert. Es gab immer einen Grund, warum ich dies oder das nicht machen konnte, entweder war ich überqualifiziert, oder ich hatte nicht das passende Studium absolviert. Es war absolut frustrierend und hat dazu geführt, dass ich mich einige Jahre lang für die Democrats Abroad hier in Wien engagiert habe, da diese Organisation weniger bürokratisch war als die Vereine hierzulande. Dabei fand ich immer so schade, dass es so viele willige Menschen da draußen gibt die gerne etwas tun möchten und denen es so schwer gemacht wird, sich einzubringen.

Charitable

Während der Corona Zeit habe ich mit meiner Freundin Anne Babilon ein Projekt ins Leben gerufen, mit dem Namen Charitable. Der Vorteil bei diesem Projekt bzw. Verein ist, dass es keine Sponsoren im herkömmlichen Sinn braucht, wir nicht von Förderungen abhängig sind, sondern man „nur“ Restaurants finden muss, die gewillt sind, einen Abend lang ihr Lokal dem guten Zweck zu widmen, um Gäste auf Ihre Kosten kulinarisch zu verwöhnen. Die Gäste erwerben ein Ticket für ihre Mahlzeit und die Einnahmen der Tickets werden dann an verschiedene Vereine gespendet. Man isst gemeinsam für den guten Zweck, mehr Infos unter www.charitablevienna.com.

Meine Kinder

Mein Sohn wird bald 13, meine Tochter in Kürze 17 Jahre alt. Sie sind beide sehr unterschiedlich, was mich immer wieder erstaunt. Die Kinder wachsen im gleichen Haushalt auf und entwickeln sich dann doch so unterschiedlich. Meine Tochter Adina ist mitten in der Pubertät, Widerstand steht auf der Tagesordnung und es wird grundsätzlich vieles abgelehnt, was Eltern sagen oder vorgeben. Mütter sind in dem Alter einfach uncool und können nur wenig richtig machen. Adina hat eine sehr starke Persönlichkeit mit einem scharfen Blick auf Dinge und einem unwerfenden Humor, der jede Situation genau analysiert und auf den Punkt bringt. Es wird nie langweilig mit ihr und es gibt immer viel zu lachen bei uns. Dabei ist sie sehr kreativ, Literatur-, Kunst- und Kulturinteressiert und gerade dabei, ihren Weg und ihre Richtung im Leben zu finden.

Scheidung
Der Kleine

Bei meinem Sohn hatte ich immer das Gefühl, dass er irgendwie schon fertig auf die Welt kam. Das klingt im ersten Moment vielleicht komisch, aber er war schon von klein auf so selbstständig und ich hatte nie das Gefühl, ihn erziehen zu müssen oder ihm grundlegende Dinge beibringen zu müssen. Er ist ein Beobachter, hat mit seinen 12 Jahren bereits einen Lebensplan und weiß gut und klar, was er einmal machen möchte und wo seine Stärken und Interessen liegen. Er ist ruhig und besonnen und weiß genau, was er will und was er nicht will. Avin hat von Natur aus einen moralischen Kompass in sich und ist auch für sein Umfeld oft ein Regulativ. Seine sozialen Kompetenzen sind sehr ausgeprägt, wenn es Konflikte gibt, geht er nie auf Konfrontation, sagt klar, was er denkt und bleibt dabei aber immer lösungsorientiert.

Die Scheidung

Während der Corona Zeit haben sich mein Exmann und ich scheiden lassen. Wir wollte nach der Trennung eigentlich einen Neustart versuchen, doch jetzt, zwei Jahre nach der Trennung, ist es gut so, wie es gekommen ist. Familie ist Familie, das bleibt. Wir haben jetzt ein ruhiges und spannungsfreies Verhältnis zueinander. Beruf, Hausbau und Pubertät haben die Beziehung zueinander sehr gefordert und die letzten zwei Jahre unserer Ehe waren geprägt von Streitereien und Zerwürfnissen, das haben auch unsere Kinder mitbekommen. Sie waren natürlich traurig, als wir uns letztendlich getrennt haben, haben es aber grundsätzlich gut aufgenommen.

Die Zeit danach

Es hat gedauert, bis es sich so eingespielt hat, wie es heute läuft. Gleich nach der Scheidung habe ich mich befreit gefühlt, dann nach ca. einem halben Jahr erst gemerkt, wie sehr mir eigentlich dieses Familiengefüge fehlt. Und dann wurde alles erst richtig real. Ich hatte bis vor kurzem eine Beziehung zu einem Mann, die leider in die Brüche gegangen ist, weil ich teilweise die Trennung erst in der neuen Beziehung verarbeiten konnte, mit allen Widersprüchen und Sentimentalitäten. Letztendlich ist es mir aber gelungen, mich völlig aus den alten Strukturen zu lösen und bin sehr froh, dass die Dinge jetzt so sind wie sie sind.

Wohnsituation

Unsere Kinder wohnen unter der Woche bei mir, am Wochenende ist mein Sohn bei meinem Ex-Mann, meine Tochter kommt und geht zu ihm, wann sie möchte. Wochenendregelungen sind auf Grund ihres Alters nicht mehr adäquat. Das funktioniert sehr gut, mein Ex-Mann wohnt nur ungefähr 10-15 Gehminuten von uns entfernt und alles hat sich ganz gut eingespielt. Wir sind beide recht flexibel, wenn der Kleine mal unter der Woche zum Papa will, kann er das gerne machen, oder wenn meine Tochter mal die ganze Woche bei ihm verbringen will, ist das auch kein Problem. Wir teilen uns auch die Katze meines Ex-Mannes.

Mein Ex-Mann hat eine neue Partnerin, die selbst auch zwei Kinder hat. Zu Beginn war die neue Konstellation etwas herausfordernd aber auch das hat sich mit der Zeit gelegt. Jetzt freue ich mich, wenn die Kinder Spaß haben und gerne Zeit beim Papa, der Freundin und den zwei Kindern verbringen.

Denise

Feste feiern, wie sie fallen

Weihnachten und besondere Anlässe wurden das erste Jahr lang noch gemeinsam gefeiert. Seit mein Ex-Mann aber wieder in einer festen Partnerschaft ist, feiern wir separat. Wir finden hier immer eine Lösung, seien es Urlaub, Weihnachten oder Geburtstage, wir versteifen uns nicht auf fixe Tage und lassen die Kinder entscheiden. Patchwork Konstellation ist etwas, was natürlich passieren und auch wachsen muss und man meiner Ansicht nach nicht forcieren kann. Es ergibt sich oder es ergibt sich nicht. Es hat sehr viel mit den jeweiligen Menschen und ihrer Haltung zu tun und ich bin grundsätzlich sehr offen und für jeden Art von respektvollem und einfühlsamen Umgang miteinander und habe diesbezüglich auch keine Berührungsängste.

Mein Herz ist in New York

Mich hat es immer wieder weg aus Wien gezogen. Ich wusste, sobald meine Familie da war, dass ich jetzt Mama bin und ich meine Bedürfnisse, denen der Kinder anpassen muss. Solange sie mich brauchen, werde ich da sein. Aber es war auch immer klar, sobald sie selbstständig sind, will ich zurück nach Amerika. Ich wollte immer schon mein eigenes Modelabel aufbauen, das Konzept dafür habe ich bereits vor vielen Jahren konzipiert und bin gerade dabei, mit Investoren dieses Projekt zu verwirklichen. Somit schließt sich ein Kreis, in dem ich letztendlich über viele Umwege wieder in meiner ursprünglichen Branche tätig bin und das mache, was ich am besten kann und was mir am meisten Spaß macht.

Die Menschen geben einfach viel zu schnell auf. Vor allem, wenn es um Beziehungen geht.

Denise

Mein Tipp

Die Menschen geben einfach viel zu schnell auf. Vor allem, wenn es um Beziehungen geht. Manchmal gibt man sich einfach nicht die Zeit, Krisen zu überstehen und gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten. Und alles, was man aus der nicht verarbeiteten alten Beziehung nicht verarbeitet hat, wird in der nächsten Beziehung wieder zum Vorschein kommen.

Und wenn man sich dann schlussendlich trennt, sollte man einen Weg finden, respektvoll und fair miteinander umzugehen – zumindest wenn man gemeinsame Kinder hat.