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Patchwork-Familie: Zwischen Selbstständigkeit, Erziehung und Vertrauen

Kristina lebt in einer Patchwork Familie. Zu sechst unter einem Dach mit ihrem Mann Artur, ihren zwei gemeinsamen Kindern, dem 17-jährigen Sohn aus Arturs vorheriger Beziehung und dem Hund Jaro. Eine große glückliche Familie zwischen Selbstständigkeit, Erziehung und Vertrauen.

Zu sechst unter einem Dach: Patchwork

Paris, Arturs Sohn aus erster Beziehung, lebt schon seit er 8 Jahre alt ist im gemeinsamen Haushalt und ist für Kristina wie ihr eigenes Kind. Zu Beginn war das ganze Patchwork-Thema natürlich eine Herausforderung. Aber egal, welche Art von Familie man hat, Probleme und Hindernisse gibt es immer zu meistern. Je mehr Leute involviert sind und mitmischen, desto herausfordernder ist es, immer auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Gerade, wenn sich Patchwork Familien neu bilden, sind da viele einzelne Interessen, die auch mal zu Konflikten führen können. Hier ist es wichtig, miteinander zu reden und auch hier und da einmal zurückzustecken. Hilfreich für die Entwicklung der Familie war sicher auch, dass Paris nicht ständig den Wohnort wechseln musste, sondern nur ein Zuhause hatte.

Ich habe eigentlich ein Kind geschenkt bekommen.

Einen Sohn, der nicht blutverwandt ist, aber trotzdem mit mir gemeinsam durchs Leben geht und einen fixen Platz in meinem Herzen hat.

Kristina

Wir arbeiten beide mehr als Vollzeit

40 Stunden ist bei Kristina und ihrem Mann eine kurze Woche, meistens arbeiten beide weit mehr. Beide sind selbstständig, Artur ist Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Kristina beitreibt eine eigene Zahnarzt Praxis. Wenn man im ärztlichen Umfeld selbstständig ist und auch gewillt ist, Verantwortung zu übernehmen, muss man damit rechnen, dass Vollzeit nicht bei 40 Stunden die Woche endet.

Das hohe Arbeitspensum wirkt sich auch negativ auf das Familienleben aus. Vor allem als Mutter plagt Kristina des Öfteren das schlechte Gewissen und begleitet sie dann den ganzen Tag. Deshalb ist es Kristina auch so wichtig, dass sie ein Netzwerk aufgebaut hat, welchem sie blind vertrauen kann.  Der Tag der Familie ist durchgetaktet, Artur bringt die Kinder in den Kindergarten, nachdem Kristina sie angezogen und ihr Kindermädchen das Frühstück gemacht hat. Aufgabenaufteilung ist hier das Stichwort

Patchwork
Ohne Unterstützung würde es nicht funktionieren

Die Kinder sind dann bis am frühen Nachmittag im Kindergarten bzw. in der Schule, untertags kümmern sich die Nannys oder die Oma, Kristinas Mama, um die Kinder. Kristinas Mama übernimmt die Organisationsrolle des Netzwerks. Kristina kann darauf vertrauen, dass durch die Unterstützung immer für ihre Kinder gesorgt ist und es nicht passiert, dass sie die Kinder spontan abholen oder einmal einspringen muss. Das wäre für ihre Praxis eine Katastrophe. Kristina hat 12 MitarbeiterInnen, die alle auf sie angewiesen sind. Wenn diese nicht mehr arbeiten können, weil Kristina schnell einmal weg muss, ist das wirtschaftlich sehr schlecht und auch nicht fair ihren MitarbeiterInnen gegenüber.

Kristinas Mutter hat einen sehr hohen Stellenwert im Leben der Familie. Als die Kinder noch jünger waren, hat Kristina noch das Abholen der Kinder übernommen. Und dann von Woche zu Woche immer wieder einmal ihre Mutter gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen. Diese Struktur, die jetzt gerade da ist, hat sich organisch entwickelt und an die jeweiligen Lebensphasen angepasst.

Ohne unser Netzwerk aus Oma und den Nannies würde der Alltag nicht funktionieren. 

Wir sind beide voll berufstätig und sehr dankbar, dass wir die Möglichkeit haben, weiterhin unsere Karriere und Leidenschaft zu verfolgen.

– Kristina –

Patchwork
Gemeinsame Zeit: Qualitytime

Es gibt Abende, an denen Kristina ihren letzten Termin so legt, dass sie möglichst früh zuhause ist, meistens zwischen 18:00 und 18:30 Uhr. An diesen Abenden wird das Handy dann im Auto gelassen oder auf Flugmodus gestellt, diese Zeit gehört ganz allein der Familie. Die Kinder erzählen von ihrem Tag und vor dem Schlafengehen wird noch gemeinsam ein Buch gelesen.

Der Freitagabend ist der ganzen Familie heilig, das ist ihr Fernsehabend. Hier wird richtig aufgefahren, es gibt Chips, Popcorn und alle versammeln sich vor dem Fernseher. Der absolute Favorit der Kids ist der Film „Hotel Transsilvanien“, den hat die Familie sicher schon mindestens sieben Mal gemeinsam gesehen.

Zeit zu zweit

Die ersten paar Jahre nach der Geburt des ersten gemeinsamen Sohns, haben sich Kristina und Artur immer 1-2 Abende in der Woche für sich genommen und waren gemeinsam Abendessen. Hier war es egal, ob zu dem Italiener um die Ecke oder nur zu McDonalds, Hauptsache, sie haben die Zeit gemeinsam verbracht.

Kristina muss aber gestehen, dass die Zeit als Ehepaar zurzeit einfach viel zu kurz kommt. Ihre eigene Praxis hat sich so schnell und stark entwickelt, Kristina will ihre PatientInnen gut versorgen und räumt ihrem Unternehmen einen hohen Stellenwert ein. Doch das wirkt sich nicht negativ auf die Beziehung aus. Kristina hat nicht das Gefühl, dass sie sich durch die fehlende Zeit als Paar auseinanderleben. Es ist eher ein gemeinsames Durchhalten, beide wissen, dass wieder Zeiten kommen, wo die Beziehung im Fokus stehen wird. Wie schon ihr Standesbeamte gesagt hat, das Wichtigste an einer Ehe ist, dass man zusammenhält. Und zwar immer. Das Gefühl, frisch verliebt zu sein, wird irgendwann zwangsläufig verschwinden und die Realität kann manchmal echt mühsam sein. Dann braucht man einen starken Partner an seiner Seite.

Wir haben kein festgefahrenes Erziehungskonzept

Kristina und Artur ist es wichtig, dass ihre Kinder gesund sind. Alle sportlichen Aktivitäten werden gefördert und wenn ein Kind den Wunsch hat, ein Musikinstrument zu lernen, wird dem auch gerne nachgegangen. Die Familie folgt keinem richtigen Erziehungskonzept, Kinder schauen sich alles von den Eltern ab, deshalb muss man als Elternteil mit gutem Beispiel vorangehen. Hier muss man sich als Elternteil selbst an der Nase nehmen und den Kindern ein gutes Vorbild sein.

Den einzigen Erziehungsstil, den auch Artur bei seinem Sohn Paris immer konsequent durchgezogen hat, war Liebe. Wie für alle Kinder war für Paris die Trennung der Eltern eine Herausforderung. Jetzt ist Paris 16 Jahre alt, lernt brav, achtet auf sich und hat selbst die Liebe zum Sport entdeckt. Er hat sich zu einem erwachsenen und verantwortungsbewussten jungen Mann entwickelt und seine eigenen Grenzen gefunden.

Wir folgen keinem festgefahrenen Erziehungsstil.

Unsere Kinder sollen ihre Grenzen selbst herausfinden und sich ohne viel Einschränkung von außen entwickeln können. 

– Kristina –

Die Bindung stärken

Rituale wie die gemeinsamen Filmabende jeden Freitag oder auch das Familienfrühstück am Sonntag ist der Familie heilig. Weiters haben die zwei Kinder von Kristina und Artur noch keine eigenen Betten, im elterlichen Schlafzimmer liegen vier große Matratzen am Boden, dort schlafen alle vier gemeinsam. Es ist genug Raum, dass jeder seinen Platz hat, doch wenn gekuschelt werden will, wird gekuschelt. Gerade weil beide Eltern untertags so gut wie nicht zuhause sind, ist das gemeinsame Aufwachen so wichtig, um die Bindung zu stärken und die gemeinsame Zeit so intensiv und qualitativ wie möglich zu gestalten.