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Sophie (Name von der Redaktion geändert) arbeitet als Kinderkrankenschwester in einer Kinder- und Jugendambulanz mit Tag & Nachtstation in Wien. Wir haben Sie zum Interview getroffen und einen Einblick in ihren Alltag bekommen.

Liebe Sophie, bitte erzähle uns kurz, wie sieht dein Alltag auf der Station aus?

Auf der Station gleicht kein Tag dem anderen. Natürlich gibt es wie auf jeder Station Abläufe und Vorgänge, die sich wiederholen. Wir haben PatientInnen, die aufgrund ihrer Therapie immer wieder zu uns kommen und die wir mit der Zeit auch gut kennenlernen.

Grundsätzlich erscheinen die Patienten mit einer Begleitperson zu ihrer vorgemerkten Therapie. Hier ist unser Aufgabenspektrum weit gefasst, bei den Therapien kann es sich z.B. um eine genetische Beratung, eine Botox Therapie oder diverse Tests (OGTT, ITT; Arginin Therapie, usw.) handeln. Das ist von PatientIn zu PatientIn unterschiedlich. Meine Aufgabe ist es, die Patienten aufzunehmen und die notwendigen Daten wie das Gewicht, die Größe und die Temperatur zu bestimmen. Auch eine körperliche Untersuchung ist Teil des Prozederes, um die Patienten für den venösen Zugang und ihre Therapie vorzubereiten.

Was ist das Beste und was das Schwierigste an deinem Job als Kinderkrankenschwester?

Ich liebe den individuellen Kontakt zum kleinen Patienten. Bei Kindern ist es wichtig, auf sie einzugehen und zu beschreiben, was wir vorhaben bzw. was gleich passieren wird. Ich versuche, den Patienten die Angst zu nehmen, indem ich ihnen den Pflegevorgang und die einzelnen Schritte erkläre. Aufklärung ist hier ein wichtiges Stichwort!

Teilweise stellt mich die Sprachbarriere vor gröbere Schwierigkeiten. Wenn die Patientin/der Patient und auch ihre/seine Eltern nicht verstehen, was ich ihnen erklären will, löst das meistens Unbehagen aus. Weiters ist es immer wieder herausfordernd, einem Säugling oder Kleinkind Blut abzunehmen. Das Wichtigste für die Blutentnahme beim Kind ist in jedem Fall die gute Vorbereitung. Teilweise ist hier auch eine Fixierung des Kindes notwendig, was für Eltern und Kind meist das Schlimmste ist. Doch wir als medizinisches Fachpersonal wissen, wir tun müssen und versuchen, dies auch den Eltern zu vermitteln und ihnen somit die Angst zu nehmen.

Wie hat sich dein Job als Kinderkrankenschwester durch Corona verändert?

Im Arbeitsalltag ist für mich persönlich die größte Einschränkung bzw. habe ich am meisten damit zu kämpfen, dass wir durchgehende FFP2-Masken tragen müssen. Ich verstehe natürlich, dass gerade im medizinischen Umfeld Schutzmaßnahmen strikt eingehalten werden müssen, aber ein 8-Stunden-Tag mit Maske ist mehr als herausfordernd.

Privat reduziere ich meine Kontakte und versuche, große Menschenansammlungen zu meiden.

Warum bist du Kinderkrankenschwester geworden?

Es war mir immer wichtig, einmal einen sozialen Beruf zu erlernen. Ich wollte unbedingt etwas mit Kindern machen. Ich liebe Kinder über alles und umgebe mich auch in meiner Freizeit gerne mit ihnen, zum Beispiel beim Babysitten. Ich sehe meinen Beruf als sehr wichtig an, ich kann Menschen und vor allem Kindern helfen. Und weiß, dass ich jeden Tag etwas Wertvolles tue.

Wie gehen die Eltern mit der Situation um, dass ihr Kind auf eure Station muss?  

Zurzeit haben alle große Angst, sich mit Covid19 anzustecken. Aber ich denke, das ist nicht nur auf unserer Station, sondern generell eine weitverbreitende Angst im Krankenhauskontext. Weiters beobachte ich oft, dass Eltern unsicher sind, ob ihre Kinder bestimmte Maßnahmen, die für die Therapie notwendig sind, einhalten können.  Wenn zum Beispiel ein Venenzugang beim Kind gelegt werden muss, sind sie der Überzeugung, dass ihr Kind den Zugang gleich wieder rausreißen wird. Auch Vorgaben wie das Nüchternbleiben, wenn z.B. ein MRT unter Narkose gemacht werden muss, sehen die Eltern skeptisch. Hier habe ich schon oft Sätze wie „Also das schafft mein Kind sicher nicht.“ gehört.

In den meisten Fällen muss man den Eltern zu Beginn gut zureden. Sie sind dann im Nachhinein überrascht, was nicht alles möglich ist und was ihre Kinder alles schaffen können.

Kannst du deinen Beruf und deinen Alltag gut trennen? Wenn ja, wie gelingt dir das?

Ich kann meinen Beruf und meinen Alltag sehr gut trennen, da wir zum Glück nicht mit dem Tod eines Patienten konfrontiert werden. Die meisten Kinder gehen noch am gleichen Tag nach Erhalt der Therapie in einem stabilen und guten Allgemeinzustand nachhause. Ich wüsste nicht, ob ich dasselbe sagen würde, wenn ich mit dem möglichen Tod von Kindern direkt konfrontiert wäre. Ich würde persönlich nicht auf einer Intensivstation oder auf der Onkologie arbeiten wollen.

Erzähle uns abschließend von einer besonders schönen Situation, die dir in Erinnerung geblieben ist.

Ich habe über viele Jahre einen Patienten mit einer Stoffwechselerkrankung betreut. Er musste einmal in der Woche zur Infusionstherapie. Obwohl wir nicht viel miteinander gesprochen haben, hatte ich immer das Gefühl, dass er mich akzeptiert und mir vertraut. Durch die Pandemie ergab es sich, dass dieser Patient, statt stationär, durch die Mobile Kinderkrankenpflege zuhause betreut werden konnte. Nach längerer Zeit war er mit seiner Mama wieder einmal in der Ambulanz wegen eines Infekts. Ich wurde von der Sekretärin informiert, dass er da war und machte mich sofort auf den Weg zu ihm. Der kleine Patient kam mir schon von weitem entgegengelaufen und umarmte mich ganz fest. Das war ein unbeschreiblich tolles Gefühl und einer dieser Momente, wo man genau weiß, dass man den richtigen Beruf gewählt hat. Ich bin mit ganzem Herzen Kinderkrankenschwester.

🌈Story zum Thema „Helden der Station“ 🌈