Roxy mit ihrer Tochter Isabel aus Wien in ihrer Wahlheimat Australien.
Roxy war Mitte 20, als sie erfuhr, dass sie ihre im Kinderheim lebende Nichte adoptieren könnte. Zu dieser Zeit lebte die Wienerin in Australien & war erfolgreich im Business. Dennoch zögerte sie keine Sekunde, das emotionale Abenteuer „Adoption“ zu starten.
Der Kampf um die Nichte im Kinderheim
„Meine damalige Nichte verlor schon als Volksschulkind ihren Vater. Ihre Mutter hatte mit sich selbst zu kämpfen – sie hatte gesundheitliche Probleme und konnte für ihre Tochter, also meine Nichte, nicht sorgen. Mit etwa 11 Jahren landete meine Nichte Isabel also im Kinderheim. Als ich erfuhr, dass ich Isabel adoptieren könne, zögerte ich keine Sekunde. Ich lebte zu dieser Zeit in Brisbane, Australien, und führte mit meinem Partner eine NGO (Non-Governmental Organisation), in der wie uns an über 100 Standorten um 10- bis 17-jährige Kinder aus prekären Familien kümmerten. Aber zurück zu Isabel: Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit – wöchentlich stand ich mit den zuständigen Behörden in Österreich und Australien in Kontakt. Nach rund einem Jahr erhielt ich die Obsorge und ich stieg mit Isabel am Flughafen Wien in einen Flieger – One-Way-Ticket nach Australien. Das war ein richtig aufregender Moment. Nicht nur, dass sie erstmals Business Class flog, sondern für sie würde sich ihr gesamtes Leben schlagartig ändern – und zwar zum Positiven.“
Neue Familie, neues Glück
„Es war kurz vor Weihnachten, als Isabel in unser Penthouse in Brisbane einzog. Die gesamte Situation war für sie überwältigend! Plötzlich gab es eine Familie, die sich um sie kümmerte, die sie bedingungslos liebte und auf die sie sich verlassen konnte. Die gesamte Aufmerksamkeit lag auf Isabel. Das war sie zuvor absolut nicht gewohnt – schon gar nicht im Heim. Dort musste sie sich die Aufmerksamkeit einer Bezugsperson quasi mit sechs anderen Kindern teilen. Ich konnte es ihr richtig ansehen: Sie war überglücklich über diesen Neustart.“
„Als Isabel zu mir zog, hatte ich lediglich die Obsorge. Wir mussten zwei weitere Jahre zusammenleben, bevor eine Adoption ermöglicht wurde.“
– Roxy –
Sprachliche Barriere
„Dass das Englisch-Level einer 12-jährigen Schülerin aus Österreich natürlich nicht für einen Schulbesuch in Australien reicht, liegt auf der Hand. Dementsprechend herausfordernd waren die ersten Wochen für Isabel. Zum Glück hatten wir in der Privatschule eine eigene Lehrerin für sie, die sich Isabel, und im Speziellen ihrer sprachlichen Entwicklung, angenommen hat. Kinder lernen einfach so unfassbar schnell. Innerhalb weniger Monate sprach sie fließend Englisch. Heute spricht sie wie ein Native Speaker und ihre eigentliche Muttersprache Deutsch rückte an zweite Stelle.“
„Meine damalige Nichte verlor schon als Volksschulkind ihren Vater. Ihre Mutter hatte mit sich selbst zu kämpfen – sie hatte gesundheitliche Probleme und konnte für ihre Tochter, also meine Nichte, nicht sorgen. Mit etwa 11 Jahren landete meine Nichte Isabel also im Kinderheim. Als ich erfuhr, dass ich Isabel adoptieren könne, zögerte ich keine Sekunde.“
– Roxy –
Meine Tochter & ich
„Als Isabel zu mir zog, hatte ich lediglich die Obsorge. Wir mussten zwei weitere Jahre zusammenleben, bevor eine Adoption ermöglicht wurde. Aber dadurch ließ sich unser Glück nicht trüben. Isabel hat sich in Brisbane sehr schnell eingelebt, sie fand sozialen Anschluss in der Schule und in mir eine Mama, die ihr viel Liebe und Aufmerksamkeit schenkt. Mein Partner und ich versuchen, für sie die besten Eltern zu sein und erfüllten ihr so auch ganz besondere Wünsche, wie beispielsweise eine Reise nach Japan. Wir verkleideten uns als Geishas (japanische Unterhaltungskünstlerin), genossen eine „Tea Ceremony“ und flitzten mit einem Scooter durch Tokio – es war ein tolles Erlebnis. Es ist aber nur eines von ganz vielen Abenteuern, die wir gemeinsam erlebten.“
Back To The Roots
„Als Isabel die High School in Brisbane beendete, wollte sie zum Studieren unbedingt nach Europa. Also zog es sie zurück in ihre Heimatstadt Wien – derzeit studiert sie dort am Juridicum. Ihre ältere Halbschwester und deren Mann sind beide in Wien als Ärzte tätig und boten an, dass Isabel während ihres Studiums bei ihnen leben könne. So habe ich auch meinen innerlichen Frieden – ich weiß, dass sie bei ihnen gut aufgehoben ist. Ich selbst bin etwa zeitgleich nach Amerika gezogen. Dennoch stehe ich jeden Tag mit meiner Tochter in Kontakt & fühle jede einzelne Emotion mit ihr mit: Freude, Wut, Trauer … ich trage sie in meinem Herzen. Unsere gemeinsame Zeit ist einfach so schnell vergangen – nun ist sie erwachsen & geht ihren eigenen Weg. Ich bin stolz auf Isabel. Sie ist trotz ihrer schwierigen Kinderjahre zu einer selbstbewussten, liebenswerten, jungen Frau mit großen Zielen geworden.“
Interview mit Roxy im Februar 2021.