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Klimaschutz und Elternschaft – Den Klimawandel positiv gestalten

Rainhard Fuchs ist 33 Jahre alt, gebürtiger Kärntner und lebt seit 2015 in Wien. 2020 war ein aufregendes Jahr, sein Sohn kam auf die Welt und er gründete gemeinsam mit seinem Kollegen das StartUp Glacier, um sich einem der größten Probleme der Menschheit zu widmen: Dem Klimawandel. Seine Vision ist es, den Klimawandel positiv zu gestalten und vor allem Kindern und Jugendlichen die Räume zu geben, die Natur mit ihren Schönheiten und Gefahren selbst und bewusst zu erkunden.

Naturverbundenheit

Ich bin mit meinen zwei Geschwistern und meinen Eltern in Klagenfurt aufgewachsen, zwar in der Stadt, aber doch sehr im Grünen. Zu Fuß waren wir in vier Minuten im Wald und mit 14 Jahren habe ich das erste Mal den Großglockner bestiegen. Meine Mutter ist Biologin und ihr wurde ein Familienforst vermacht, um den sich die ganze Familie gekümmert hat, das hat unsere Verbindung zur Natur und zum Wald noch verstärkt. Zeit meines Lebens war ich in der Alpenverein Jugend aktiv, seit 2019 leite ich die Alpenvereinsjugend in Kärnten, wo ich für mehr als 150 ehrenamtliche Jugendleiter und über 10.000 Mitglieder verantwortlich bin.

Über viele Umwege zum Klimaschutz

Mein beruflicher Weg führte mich zuerst nach Graz, wo ich Rechtswissenschaften an der Uni studierte, ich merkte aber schnell, dass das nicht mein Weg sein würde. Ich war im Gründungsteam der österreichischen Digitalisierungsagentur für internationale Beziehungen zuständig und leitete bei der Startup-Plattform *Pioneers* den öffentlichen Sektor und verantwortete das damals größte ausländische Startup-Event Japans, Pioneers Asia, in Tokio. Bei Pioneers lernte ich auch meine jetzige Freundin und Mutter meines Sohnes kennen.

Das erste eigene Unternehmen

2020 gründete ich mit meinem Partner zusammen mein erstes eigenes Unternehmen, das Thema Nachhaltigkeit hat mich immer schon begleitet und wir waren uns schnell einig, dass wir uns dem Klimaschutz widmen wollen. Um die Zukunft unserer Kinder und der ganzen Welt zu verbessern.

Warum sollte man heutzutage noch ein Kind in die Welt setzen? Mit dieser Frage wurde ich schon ein paarmal konfrontiert, ich kann ihr aber wenig abgewinnen.

Rainhard

Klimaschutz
Die Zukunft der Kinder

Warum sollte man heutzutage noch ein Kind in die Welt setzen? Mit dieser Frage wurde ich schon ein paarmal konfrontiert, ich kann ihr aber wenig abgewinnen. Diese Frage stelle ich mir selbst nicht, ich bin kein Mensch, der so weit vorausdenkt und ein dystopisches Bild von der Zukunft zeichnet. Ich lebe zurzeit so nachhaltig wie möglich, bin nicht perfekt, fahre selbst kein E-Auto und esse Fleisch in Maßen, es gibt eindeutig Verbesserungspotential, aber ich gebe mein Bestes. Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken. Die Geburt an sich hat kein Umdenken in meinem Handeln ausgelöst.

Ein gutes Vorbild

Ich versuche, meinem Kind ein gutes Vorbild zu sein. Und ich bin der festen Überzeugung, dass der Kern der Existenz, rein evolutionsbiologisch gesehen, die Fortpflanzung ist. Da hat sich mir nicht die Frage gestellt, ob ich ein Kind in die Welt setzen soll. Ich wollte immer ein junger Papa sein und meinem Kind die Schönheiten dieser Welt zeigen, auch jene, die es in ein paar Jahren nicht mehr geben wird.

Kein dystopisches Bild malen

Ein dystopisches Bild zu malen versetzt uns Menschen in eine Schockstarre. Es geht um einen positiven Umgang und Zugang zu dem Thema Klima- und Umweltschutz, sonst handeln wir nicht. Ich habe vor, meine Kinder auf den Gletscher mitzunehmen. Ende des Jahrhunderts wird es keinen Gletscher mehr geben, der Kleine wird, wenn er alt ist, keinen Gletscher mehr im Alpenraum haben, wenn wir so weitermachen. Deshalb möchte ich ihm die Schönheiten der Natur zeigen, die jetzt noch da sind, damit er sieht, was die Natur alles erschaffen kann. Ich bin schon realistisch, aber im Herzen bin ich Optimist und will ein positives Bild von der Zukunft vermitteln.

Klimaschutz
Die Karenz-Zeit

Meine Freundin und ich haben uns für das einkommensabhängige Karenzmodell entschieden. Der Plan war, dass der Kleine nach einem Jahr in die Krippe geht, doch wir bekamen einfach keinen Platz. Also blieben uns nur zwei Alternativen: Wir müssen für unseren Sohn eine Tagesmutter engagieren, wo wir nach längerer Recherche leider auch feststellen mussten, dass zu dem Zeitpunkt keine freien Plätze verfügbar waren oder meine Freundin bleibt länger als geplant zuhause. Wir haben uns, auch aufgrund der fehlenden Alternativen, für die zweite Variante entschieden.

Der Karenz Gap

Mir ist klar, dass meine Freundin mit dieser Entscheidung selbst zurückstecken musste, der Gap, von dem immer alle Mütter sprechen, ist nach einem Jahr einfach da. Dafür bin ich ihr sehr dankbar und weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Das ist mir in dieser Zeit sehr bewusst geworden.

Wenn ich nicht selbstständig wäre, hätte ich die Väterkarenz richtig ausgenutzt. Das sollten auch mehr Väter tun, gerade, wenn sie in einem Angestelltenverhältnis sind. Für das zweite Kind habe ich mir fest vorgenommen, mindestens 2-3 Monate am Stück in Karenz zu gehen.

Rainhard

Mini-Papakarenz

Ich habe 2020 mein Unternehmen gegründet, als selbstständiger Unternehmen hätte ich mindestens zwei Monate am Stück in Karenz gehen müssen. Es gab Zeiten, auch durch meine Diabetes Typ 1 Diagnose, wo ich in der Gründungsphase 1-2 Wochen außer Gefecht gesetzt war, da habe ich erst bemerkt, was für eine Auswirkung das auf mein Unternehmen hatte. Ich hätte damals nicht einfach ein paar Monate in Karenz gehen können. Wir haben firmenintern eine Lösung gesucht und entschieden, dass ich 2x jeweils ein Monat mit meinem Sohn verbringe, nicht am Stück, aber innerhalb des ersten Lebensjahrs.

Ein eigenes Modell

Ja, ein Monat ist sehr kurz, man braucht seine Zeit, um aus der Arbeit rauszukommen, wenn ich nicht selbstständig wäre, hätte ich die Väterkarenz richtig ausgenutzt. Das sollten auch mehr Väter tun, gerade, wenn sie in einem Angestelltenverhältnis sind. Für das zweite Kind habe ich mir fest vorgenommen, mindestens 2-3 Monate am Stück in Karenz zu gehen.

Klimaschutz
Glacier – Klimaschutz ist Teamarbeit

Was sind die größten Probleme der Menschheit? Diese Frage haben Andi, mein Partner, und ich uns gestellt, bevor wir gegründet haben. Eines davon ist mit Sicherheit die Klimakrise, damit konnten wir uns beide identifizieren. Andi ist selbst am Berg in Kärnten aufgewachsen, hat mit eigenen Augen die Auswirkungen gesehen, die die Krise mit sich bringt, von schweren Stürmen zu Dürreperioden. Für mich war auch immer der starke Bezug zur Natur da. Ein halbes Jahr haben wir mit Wissenschaftlern und Geschäftsführern gesprochen, um die Problematik zu verstehen.

Die Problematik verstehen

Warum dieses Problem schon so lange besteht, aber nicht wirklich etwas dagegen gemacht wird. Die Treibhausgase steigen in Österreich noch immer, die Klimaberichte sind von der Grundthematik her seit Jahrzehnten gleich, nur die Fakten werden immer detaillierter. Wir haben uns ständig weiterentwickelt und an unserer Geschäftsidee gefeilt, auch aufgrund von Corona neue Richtungen und Ideen entwickelt. Ich will das Wertvollste, meine Arbeitszeit, dem Klimaschutz widmen und der Gesellschaft helfen, die Klimatransformation zu bewältigen.

Beim Thema Klimaschutz fehlt es einfach an der richtigen Kommunikation und Ausbildung. Gerade für das Tun ist Wissen essenziell, Fort- und Ausbildung zum Thema Klimaschutz ist ein wichtiger Faktor, der in vielen Unternehmen unterschätzt wird bzw. ausbaufähig ist.

– Rainhard –

Kleine Schritte

Ich bin kein großer Fan der Aussage: „Früher war alles besser.“ Früher war einfach anders, wir sollten nicht über vergangene Zeiten jammern, sondern in die Zukunft schauen und versuchen, soviel Schönheit wie möglich für die künftigen Generationen zu konservieren. Wir sollten nicht auf Kosten anderer Staaten oder Gesellschaften leben, die ausbaden müssen, dass wir in Österreich so schleißig mit dem Thema umgeben. Weil genau das ist zurzeit der Fall. Das große Problem, vor dem wir stehen, ist, dass es einen riesigen Spalt zwischen Reden und Tun gibt. Ja, das Thema ist populär und viele Unternehmen wollen bzw. müssen fast nachhaltiger werden, um MitarbeiterInnen zu rekrutieren oder zu halten.

Die richtige Ausbildung und Kommunikation

Doch hier fehlt es auch an allen Ecken und Enden an der richtigen Ausbildung und Kommunikation. Gerade für das Tun ist Wissen essenziell, Fort- und Ausbildung zum Thema Klimaschutz ist ein wichtiger Faktor, der in vielen Unternehmen unterschätzt wird bzw. ausbaufähig ist. Wissenschaftler, die die Fakten auf den Tisch haben, können diese nicht gut kommunizieren, das ist auch nicht ihr Job. Dafür sind andere Leute zuständig, die es aber nicht schaffen, die Leute mitzureißen und vor allem zu emotionalisieren. Hier muss echt noch einiges gemacht werden. Aber wie schon gesagt, im Herzen bin ich Optimist und will ein positives Bild von der Zukunft vermitteln.